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Zunehmender Autoritätsverlust des Staates und seiner Repräsentanten – Soziale Netzwerke und Alkohol als Treiber

Statement von Gerd Landsberg, HGF des Deutschen Städte- und Gemeindebundes vom 26.7.2020 gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
„In den letzten Jahren können wir in Deutschland einen zunehmenden Autoritätsverlust des Staates und seiner Repräsentanten beobachten. Ein Teil der Bürgerinnen und Bürger sieht den Staat als reinen Dienstleister, der dafür zu sorgen hat, dass es Ihnen gut geht und sie ihre Freiheitsrechte ausleben können. Damit gehen teilweise Respekt, Anstand und das Gefühl, dass Polizisten oder andere Staatsbedienstete im Interesse der Allgemeinheit handeln und sich an die Gesetze halten, verloren. Das zeigt sich zum Beispiel auch im zunehmenden Hass, Bedrohungen und Beleidigungen und teilweise sogar tätlichen Angriffen gegenüber Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern. Für Teile der Bevölkerung sind auch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte zum Feindbild geworden, das Bild vom Freund und Helfer gerät vielfach in den Hintergrund. Selbst Rettungssanitäter und Feuerwehrleute werden bei ihrer Arbeit behindert oder angegriffen.
Treiber dieser besorgniserregenden Entwicklung sind dabei die Sozialen Netzwerke und vielfach auch Alkohol. Wer Widerstand gegen Staatsgewalt leistet oder Einsätze von Sicherheits- oder Rettungskräften behindert und Videos davon postet, bekommt in den Sozialen Medien Aufmerksamkeit und teilweise sogar Anerkennung. Schwerpunktmäßig erfolgen die Widerstandsleistungen von jungen Menschen unter Alkoholeinfluss. Man will feiern und Spaß haben. In der Corona Zeit sind die Bars und Diskotheken geschlossen, also trifft man sich im öffentlichen Raum. Es ist unzutreffend, diese Ansammlungen als „Party-Szene“ zu bezeichnen. Die überwiegend männlichen Randalierer – wie jene bei den Vorfällen in Stuttgart und Frankfurt – haben ein hohes Aggressionspotenzial, das sie dann unter Alkoholeinfluss ausleben. Ähnliche Tendenzen kennt man auch von Fußballspielen. Auch da sind Randale und körperliche Auseinandersetzung leider keine Einzelfälle mehr. Wir brauchen eine breite öffentliche Diskussion darüber, dass Gewalt und Aggression das Miteinander gefährdet und am Ende auch den Tätern schadet. Viele Städte und Gemeinden haben darauf bereits reagiert. Stärkere Polizeipräsenz, gemeinsame Streifen von Ordnungsamt und Polizei und teilweise auch Alkoholverbote zeigen durchaus Wirkung.
Ein besonders besorgniserregendes Phänomen ist darin zu sehen, dass die handelnden Akteure für ihre Aktivitäten Beifall von anderen Unbeteiligten bekommen und somit die Aggression sozusagen gefeiert wird. Das ist eine gefährliche Entwicklung, die von der Mehrheit der Bevölkerung eindeutig abgelehnt wird. Hier sind wir gefordert, die gesamtgesellschaftliche Diskussion über diese Vorgänge neu auszurichten. Die Vorkommnisse in den USA mit Übergriffen von amerikanischen Polizisten sind auf Deutschland in keiner Weise übertragbar. Die Beamtinnen und Beamten in Deutschland werden anders ausgebildet und bekommen regelmäßig Anti-Aggressionstraining, bei dem die Grundsätze Provokationen vermeiden und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten eine herausragende Rolle spielen.
In Zukunft werden die Kommunen ihre Gefahrenanalysen noch stärker auf diese neue Lage ausrichten. Dazu gehören eine deutlichere Polizeipräsenz und eine konsequente Verfolgung der Straftäter. Auch der Einsatz von Streetworkern ist ein wichtiger Ansatz.
Die Kommunen sollten in größerem Umfang ermächtigt werden, für bestimmte Bereiche Alkoholverbote auszusprechen oder auch öffentliche Bereiche für bestimmte Zeiten zu sperren. Das ist zwar eine bedauerliche Entwicklung, die natürlich auch die große Mehrheit der Menschen trifft, die sich ordnungsgemäß verhalten.“

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