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Europa: Ein Marktplatz für Smart Cities

Foto: Habbel
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Gastbeitrag von Florian Keppeler
Nicht selten hört man im Umfeld der EU den Vorwurf, man habe den Blick für die Praxis, die Basis, quasi die „Realität“ verloren. Es wird nur noch von Geschäftsmodellen, integrierten Prozessen und nachhaltiger Entwicklung in allen Politikfeldern gesprochen, ohne konkret zu werden. Und dann kommt die Digitalisierung dazu, von der jeder bereits gehört hat, aber keiner so recht weiß, was er damit anfangen soll. „Smart Cities“ zum Beispiel – auch nur Theorie ohne Praxis? Was heißt Smart City überhaupt?
Florian Keppeler Foto: Keppeler
Florian Keppeler Foto: Keppeler

 
Das Konzept der „Smart City“ definiert sich hier wie folgt: Hier geht es um Kommunen, die verschiedenste digitale Lösungen clever verknüpfen, um z.B. ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern, aber auch um ihren Einwohnern ganz allgemein mehr Lebensqualität zu bieten. Dabei handelt es nicht keineswegs um ein rein technisches Unterfangen, sondern es sind auch grundlegende Veränderungen im politisch-administrativen Bereich betroffen, z.B. durch eine massive Ausweitung der Partizipation der Bürgerinnen und Bürger. Das macht die „Smart City“ zur multidisziplinären Herausforderung, die Beschäftigte der Verwaltung, innovative Unternehmen, Politiker aller Ebenen, Wissenschaftler und insbesondere die Zivilgesellschaft auf den Plan ruft.
Hört sich -mal wieder- alles zunächst sehr theoretisch an. Doch hier kommt nun die Plattform „EU Smart Cities” (https://eu-smartcities.eu) ins Spiel, die mit dem Klischee der Realitätsferne aufräumt: Sie bietet eine europaweite Plattform zum Austausch für alle, die ganz konkret ihre Smart City vor Ort mitgestalten wollen – das können also Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, die Verwaltung, Vereine, Initiativen, etc. sein. Das Netzwerk kann auf dieser Plattform kommunizieren, Ideen und Wissen austauschen, Lösungen aufzeigen und Projektpartner vermitteln, um Innovationen praktisch umzusetzen.
So praktizieren beispielsweise die Städte Barcelona, Birmingham, Braunschweig und Manchester einen Lösungsvorschlag zur Verringerung des Verkehrs, der CO2- Emissionen und Verbesserung der Parkmöglichkeiten. Im Rahmen eines ÖPP-Programms arbeiten die Städte mit einem Unternehmen zusammen, dass in einer App Echtzeitinformationen jedes einzelnen Parkplatzes in der Stadt angibt. Das spart nicht nur Zeit und Nerven für die Fahrenden, sondern reduziert Emissionen und Verkehrsstaus.
Oder ein anderes Best-Practice-Beispiel aus Spanien: Eine Allround-App für Städte wie Logroño, in der alles zu finden ist (Echtzeitinformationen zum Fahrplan des Stadtbusses, zu Tankstellenpreisen, zu freien Parkplätzen, zur Verkehrslage an Knotenpunkten, zu Aufladestationen für E-Autos, zu Tourismus und Shopping-Angeboten, zum Wetter, und auch mit der Möglichkeit Schlaglöcher zu berichten,…).
Die Bandbreite der Tipps ist also mannigfaltig – von Vorschlägen, wie man die örtliche Schule energetisch saniert, ohne diese dabei schließen zu müssen (Antwerpen), über die Nutzung der Wärmeenergie von Abwasser mittels Großwärmepumpen (Nürnberg/Straubing/Amstetten) ist alles dabei. Deshalb ist die Plattform in sechs thematische Cluster unterteilt, an denen man teilhaben kann und auch selbst Ideen einbringen kann – ob als Verwaltung, als Initiative oder als Bürgerin und Bürger. Die Felder befassen sich mit politischen Maßnahmen und Regulierung, integriertem Planen, der Nachhaltigkeit von Gebieten, Gebäuden und deren Umfeld sowie nachhaltigen Transport- und Verkehrssystemen. Es gibt darin Beiträge, Projekte mit EU-Förderung und bereits implementierte Lösungsvorschläge. Die Moderation identifiziert dann sogenannte „Innovationstreiber“ (Key to Innovation), die besonders vorteilhaft, einfach umsetzbar, erschwinglich, nutzerfreundlich und in digitalen Plattformlösungen integriert sind. Darüber hinaus gibt es quasi auf dem Silbertablett servierte „Patentrezepte“ (Toolkits). Dies sind identifizierte Innovationstreiber, die zusätzlich mit detaillierten Informationen zu Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten sowie Entwicklungsmöglichkeiten versehen. Die mögliche Entwicklung vor Ort wird also als Prozess aufgezeichnet, von der Wiege bis zur Bahre.
Damit aber auch die kleineren Kommunen passende Partner im europäischen Ausland finden können, gibt es die „Stadtprofile“ (City Profiles). Wie bei sozialen Netzwerken gibt hier die Stadt Infos zu sich an (Größe, Bevölkerungsdichte, …). So kann jeder Akteur ein Netzwerk an vergleichbaren Innovatoren aufbauen, seine Projekte präsentieren und auch in direkten, persönlichen Kontakt zu anderen treten. Gleiches gilt für die „öffentlichen Profile“ (Public Profiles) von anderen Nutzenden (Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Vereine,…).
Hinter der Plattform steht die Generaldirektion Energie der EU-Kommission, zusammen mit dem „Konvent der Bürgermeister“, welcher sich besonders im Bereich der erneuerbaren Energien einsetzt. Die Vorschläge und auch die Reichweite gehen aber deutlich über Fragen der Energieversorgung hinaus. Dies zeigt, wie fruchtbar ein Netzwerk der europäischen und der kommunalen Ebene ist. Zudem wird die Digitalisierung so greifbar und lebensnah. Das wiederum überzeugt Verantwortliche von den vielen Vorteilen der Projekte, hilft bei praktischen Problemen, integriert die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger, und schafft modernes, nachhaltiges Wachstum in Europa – die gelebte europäische Idee.

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