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Mit Twitter zur Hochfrequenzpolitik

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(12.7.15 20:30h IM NETZ) Die sich zuspitzende Krise Europas verändert die politische Kommunikation. Soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook beschleunigen die öffentliche Wahrnehmung und vermutlich auch die Debatten. Führende Verhandlungspartner und nationale Politiker kommentieren nicht mehr nur politische Vorgehensweisen und Entscheidungen, sondern setzen mit ihren Botschaften selbst Trends oder machen neue Verhandlungsangebote, die dann wiederum sofort im Netz bewertet werden. Eine Spirale setzt sich in Bewegung.
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Immer wieder zitierten herkömmliche Medien Äußerungen von Politikern auf Twitter. Der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis gab seinen Rücktritt über Twitter bekannt. Alexis Tsipras kommentierte am Montag nach der Entscheidung in Griechenland das Referendum per Twitter. Sigmar Gabriel gar irritierte durch Facebook-Einträge seine Genossen bezüglich des Schäuble-Papiers eines Grexits auf Zeit. Auf Facebook schrieb er, das der Vorschlag des Bundesfinanzministers Wolfgang Schäuble für ein zeitlich befristetes Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone der SPD natürlich bekannt sei. Der Abgeordnete Johannes Kahrs schrieb darauf hin auf Twitter „SPD/gabriel haben dem grexit auf zeit nicht zugestimmt“. Der Europaabgeordnete Sven Giegold heizte mit seinen Tweets die Situation weiter an. Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck kritisierte in seinem Tweet, das der Bund nicht konsultiert wurde, bevor man den Grexit-auf-Zeit-Vorschlag gemacht hat.
Die Beispiele lassen sich blieb fortsetzen. Unter dem Tweet #Grexit finden sich am heutigen Sonntag im Sekundentakt in den verschiedensten Sprachen neue Tweets aus ganz Europa. Jede Äußerung von Politikern aus Brüssel, Athen, Berlin oder Paris wird bekannt gemacht, kommentiert oder bewertet. Unter den Akteuren sind auch eine Reihe von Journalisten und Zeitungen.
Hinzu kommen News-Blogs von Online-Magazinen oder Zeitungen. Über neue Papiere wird sofort informiert. Es vergehen nur wenige Minuten, bis sie im Netz zu lesen sind. Auf Grafiken, die einem Tisch ähnlich sehen, werden die Länder gelistet, die „Ready for a Grexit, no to a Grexit or Avoid Grexit if possible“ sind.
Der sozialen Netzwerke bedienen sich auch die Akteure selber, wie zum Beispiel der finnische Finanzminister Alexander Stubb oder der Präsident der Eurogroup und niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, die beide fleißig twittern.
Damit sind die Akteure, Politiker, Journalisten, Bürger, Medien und Institutionen insbesondere mittels sozialer Netzwerke inzwischen in einem ständigen Live-Austausch angekommen. Auf der einen Seite kann dies für die jeweilige Sache vorteilhaft sein, auf der anderen Seite verschwindet die Zeit für das Abwägen und Diskutieren von Argumenten immer mehr. Auf diese Beschleunigung muss sich die politische Kommunikation einstellen. Einfach ist das sicher nicht.
UPDATE: Auch die Einigung über das dritte Hilfspaket wurde über Twitter verbreitet. EU-Ratspräsident Donald Tusk schrieb auf Twitter: „Der Eurogipfel hat eine einstimmige Einigung erreicht. Alles ist bereit für ein ESM-Programm für Griechenland mit ernsthaften Reformen und finanzieller Hilfe.“ Auch der belgische Ministerpräsident Charles Michel gab die Einigung im griechischen Schuldenstreit über Twitter bekannt. Unter dem Twitter-Hashtag „ThisIsACoup“ sammelt sich die Kritik an Deutschland. Die Debatte wird in den sozialen Netzwerken weitergehen. 
 

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