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Maut: Was ist eine E-Vignette?

Foto: CC BY-NC-SA 2.0 Chris Wevers https://flic.kr/p/7vMVT3
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Die Mautdebatte nimmt an Fahrt auf. Der jetzt sich in der Abstimmung befindliche Gesetzentwurf von Verkehrsminister Alexander Dobrindt sieht anstatt einer Papier-Vignette, die auf die Windschutzscheibe geklebt wird, eine E-Vignette vor. Das ist ist begrüßenswert, jede andere Lösung wäre im angesicht neuer technischer Möglichkeiten einer künftigen Verkehrssteuerung ein Rückschritt.

Was aber ist eine E-Vignette?

Eindeutiges Identifikationsmerkmal ist das Fahrzeugkennzeichen. Die „E-Vignette“ wird unter Angabe des Fahrzeugkennzeichens im Internet oder an Servicestellen gebucht. Der Gültigkeitszeitraum wird an das Fahrzeugkennzeichen gekoppelt und verschlüsselt in eine zentralen Datenbank übertragen und dort gespeichert. Jederzeit kann also durch Zugriff auf die Datenbank festgestellt werden, ob die Maut bezahlt wurde.

Was passiert auf den deutschen Autobahnen?

Kameras erfassen auf dem deutschen Autobahnnetz (flächendeckend oder stichprobenartig) die Kennzeichen aller vorbeifahrenden Fahrzeuge. Diese werden mithilfe eine Software bearbeitet und im Anschluss mit der zentralen Datenbank abgeglichen. Ist auf ein Kennzeichen kein Kauf einer „Vignette“ gespeichert bzw. deren Gültigkeit abgelaufen, wird ein entsprechender Bußgeldbescheid erlassen. Wenn kein Verstoß vorliegt, wird das erfasste Kennzeichen automatisch gelöscht. Im Rahmen der Kontrollen sollen weder Bewegungsprofile erstellt noch persönliche Daten erhoben werden. Feste oder mobile Stationen sollen die Kfz-Kennzeichen sichten und überprüfen, ob sie in das Maut-System eingebucht sind. Wenn nicht, drohen Bußgelder sowie die Kosten für eine Jahresvignette.

Schon jetzt erfassen Kameras auf den Autobahnen jedes Kfz-Kennzeichen

Der sich jetzt abzeichnete Widerstand gegen eine Erfassung der Kennzeichnen verkennt, dass es bereits heute Kameras an den Kontrollbrücken, welche für die Lkw-Maut aufgestellt wurden, von allen Fahrzeugen, also auch Pkw, ein Frontalfoto mithilfe einer für den Fahrer unsichtbaren Infrarot-Blitzbeleuchtung erstellen. Das Kfz-Kennzeichen wird mittels Nummernschilderkennung automatisch gelesen. Unter Zuhilfenahme eines 2D-Laserscanners wird der Fahrzeugtyp (Pkw oder Lkw) detektiert. Datensätze von nicht-mautpflichtigen Fahrzeugen wie beispielsweise Pkw werden anhand der Identifikationsmerkmale erkannt und entsprechend gelöscht. Durch eine Anpassung des Detektionsprofils könnten bestehende Kontrollbrücken auch zur flächendeckenden und ständigen Kontrolle der Pkw-Maut herangezogen werden. Es stellt sich aber die Frage, ob inländische Fahrzeuge überhaupt identifiziert werden müssen, denn diese zahlen generell alle die Infrastrukturabgabe. Das würde bedeuten, dass auch inländische von ausländischen Fahrzeugen detektiert werden könnten. Damit wäre eine neue „Überwachungsdebatte“ von vornherein erledigt.

Foto: CC BY-NC 2.0 Michael https://flic.kr/p/nmWbnM
Foto: CC BY-NC 2.0 Michael https://flic.kr/p/nmWbnM

Die Debatte sollte sich auf einen anderen Aspekt richten, ob überhaupt eine Kontrolle von Fahrzeugen auf der Straße notwendig ist um die Maut von allen Verkehrsteilnehmern zu erheben. Daran bestehen Zweifel.

Was ändert sich für 40 Millionen PKW-Inhaber in Deutschland?

Zum Zeitpunkt der Einführung der Maut erhält jeder Inhaber eines Kraftfahrzeuges vom Kraftfahrtbundesamt einen Bescheid, dass seine Kfz-Steuern sich reduziert. Das wird er mit Freude zur Kenntnis nehmen. Vermutlich einige Tage später (damit eine unmittelbare Verknüpfung der Steuerreduktion und der Maulzahlung diskriminierungsfrei über die Bühne gehen kann) erhält der inländische PKW-Inhaber einen weiteren Bescheid zur Zahlung einer Infrastrukturabgabe (Maut). Die Höhe richtet sich nach verschiedenen Kriterien wie Hubraum und Schadstoffklasse bzw. Benzin oder Dieselmotor. Die Höhe der Abgabe entspricht dem „Abschlag“ bei der Kfz-Steuer, so dass sich in der Summe für den Kfz-Inhaber der an den Staat zu zahlenden Betrag letztlich nicht ändert (Slogan: Kein deutscher Autofahrer soll durch die Maut zusätzlich belastet werden). 40 Millionen PKW-Inhaber müssen allerdings eine Erklärung für ein Einzugsverfahren einer Lastschrift gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt erteilen. Mit Hochdruck wird daran gearbeitet, hier auch ein Online-Verfahren mittels des neuen Personalausweises auf den Weg zu bringen. In der Einführungszeit der Maut wird es sicherlich zu einem Delta von Zahlern und Nichtzahlern kommen, nicht alle werden aus welchen Gründen auch immer, den Auftrag zur Abbuchung erteilen. Bei Neuzulassungen können Zahlungsverzögerungen nicht mehr eintreten, da Fahrzeuge, die bei der Zulassung nicht über Kfz-Steuerzahlung bzw. dann auch Infrastrukturabgabezahlung verfügen, erst gar nicht zugelassen werden.

Kontrollen von inländischen Fahrzeugen auf der Straße überhaupt erforderlich?

Wer die Infrastrukturabgabe ordnungsgemäß gezahlt hat lässt sich jederzeit aus der zentralen Datenbank ablesen, so dass eine Kontrolle mittels Auto auf der Autobahn über eine Kennzeichenidentifikation für Inländer nicht erforderlich ist. So könnte durch einen Datenabgleich im Register selber jederzeit festgestellt werden, wer gezahlt hat und wer nicht. Entsprechende Beitreibungsverfahren könnten dann aus diesem Datensatz weitgehend automatisch vom Kraftfahrtbundesamt gestartet werden. Eine Kontrolleinheit auf der Autobahn würde ja auch auf diesen zentralen Datenbestand zurückgreifen müssen. Warum sollte hier ein u.a. aufwendiges Verfahren eingesetzt werden, was überhaupt nicht nötig ist? Die in diesem Artikel beschriebene Kontrolle der Fahrzeuge würde sich lediglich auf die Ausländer beschränken, die die Bundesautobahnen benutzen. Nur ausländische Kennzeichnen würden nach dem Scann-Vorgang allerdings aller Kennzeichnen, datentechnisch weiterverarbeitet werden um über das Vorhandensein einer E-Vignette zu überprüfen.
Allerdings könnte eine solche Differenzierung gegen Europarecht verstoßen, da ausländische Fahrzeuge einem Identifizierungsverfahren unterworfen würden und deutsche Fahrzeuge nicht. Möglicherweise könnte deshalb ein stichprobenhaftes Vorgehen der Identifizierung von inländischen und ausländischen Fahrzeugen erforderlich sein. In diesem Fall wäre in der Tat nur ein autobezogenes Vorgehen möglich, den die ausländischen Fahrzeuginhaber zahlen keine obligatorische Infrastrukturabgabe. Was die sparsame Verwendung erhobener Daten betrifft bleibt festzuhalten, dass nur der Bund Zugriff auf die Daten hat. Auch bei einer (Teil)Erledigung der Aufgaben durch Private würden diese nicht auf das personifizierte Datenprofil des Halters zugreifen können.
(In dem Artikel wurde Material auf Basis der CC-Lienzenz CC-BY-SA 3.0 von Martin Randelhoff verarbeitet).

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