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Koalitionsvereinbarung: Berlin wird in Sachen Netzpolitik und E-Government Vorreiter in Deutschland

Auch Große Koalitionen sind in der Lage, neue Zukunftsthemen aufzugreifen. Berlin ist das erste Bundesland, das aktiv das Thema Netzpolitik angeht, sicherlich auch angespornt durch die Piratenpartei, die bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus im September 2011 9 Prozent der Stimmen erlangte. Sehr detailliert wie bisher kein anderes Bundesland beschreiben SPD und CDU in der Koalitionsvereinbarung „Berliner Perspektiven für starke Wirtschaft, gute Arbeit und sozialen Zusammenhalt“ welchen Stellenwert das Internet und moderne IT für Bürger, Wirtschaft, Politik und Verwaltung haben. Ein Staatssekretär soll sich speziell um Fragen der Netzpolitik kümmern.
Zu den Schwerpunkten zählt auch der Aufbau einer  wirtschaftsfreundlichen Verwaltung auf der Basis von E-Government. So ist neben der Akzeptanz elektronischer Rechnungen vorgesehen, im Internet den aktuellen Stand von Anträgen und Vorgängen mit einer „Track & Tracing“-Lösung transparent zu machen. Antragsteller können dann zum Beispiel online abfragen, wie weit es um ihren Vorgang bestellt ist. Für alle Unternehmen soll eine einheitliche Kreditorennummer eingeführt werden. Bis zum Jahr 2016 sollen 50 % der Berliner Verwaltung auf die elektronische Akte umgestellt werden. Eine zentrale Aufgabe in den nächsten Jahren wird in der Beschleunigung von Bau- und Genehmigungsverfahren und der Ausweitung einer bürger- und investorenfreundlichen Verwaltungskultur liegen.
Unter der Überschrift „Berlin zum Mitmachen“ will das Land Planungsprozesse transparenter gestalten u. a. durch eine obligatorische Onlinebeteiligung bei der Aufstellung von Bebauungsplänen. Hierzu wird in den Bezirks- und Hauptverwaltungen ein Internetangebot aufgebaut, über das Informationen abgerufen, Stellungnahmen eingereicht und Abstimmungen durchgeführt werden können. Bei wesentlichen baulichen Maßnahmen gilt es, Information und Akzeptanz zu steigern, indem die Öffentlichkeit mithilfe der zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel wie Internet, Flugblätter, Postwurfsendungen, Anzeigen etc. über Art, Zweck, Dauer und zu erwartende Auswirkungen informiert wird.
Auch ein internes Benchmarking wird auf den Weg gebracht. So sollen Dienstleistungen der Senatsverwaltungen und ihre nachgeordneten Einrichtungen und Bezirke unmittelbar miteinander verglichen werden. Das gilt insbesondere bei der sogenannten „Verwaltung der Verwaltung“, Durch ein solches Benchmarking soll die Effizienz der Verwaltung gesteigert werden.
Weiter heißt es in der Vereinbarung Transparenz, Partizipation und eine flexible Anpassung an eine sich schnell wandelnde Gesellschaft sind ein wichtiger Standortfaktor für Berlin.
Klare Vorgaben gibt es auch für die Steuerung und Konsolidierung des IT-Einsatzes. Die vielen unterschiedlichen IT-Systeme und IT-Lösungen im Land Berlin sind zu teuer und müssen vereinheitlicht werden. Hierfür wird bis zum Haushalt 2014/15 ein Gesamtkonzept für die Planung, Finanzierung, Einführung und Nutzung von IT-Systemen und Lösungen entwickelt, das auch die Rolle des zentralen Dienstleisters ITDZ im Wettbewerb beschreibt. Die gesamtstädtische IT-Steuerung und die Vorgaben für die elektronische Verfahrensabwicklung werden in einem E-Government-Gesetz geregelt. Entsprechend den Vorgaben des Rechnungshofes wird in der Berliner Verwaltung die Serverkonsolidierung vorangetrieben. Die bestehenden Telefonserviceangebote (D 115, Berlintelefon, Vermittlungsdienste) werden zum „Bürgertelefon 115“ zusammengeführt, um die Transparenz für Bürgerinnen und Bürger sowie die Effizienz für die Verwaltung zu steigern.
Auch Open Government wird zur Förderung von Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit ausgebaut. Im Bereich der Schulen wird die Vernetzung der Schulen und deren Ausstattung mit digitalen Medien im Rahmen des bestehenden „Masterplans E-Education und E-Government“ vorangetrieben. Der bereits vorhandene „berlinpass“ soll durch eine elektronische Chipkarte ergänzt werden, über die die Bildungs- und Teilhabeleistungen abgerechnet werden können.
Die Koalition will ein modernes Urheberrecht, das einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern schafft. Sie setzt sich für die Umsetzung des Prinzips „Löschen statt Sperren“ in den Staatsverträgen ein. Die Empfehlungen der Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages werden auf die Konsequenzen für das Land Berlin überprüft und ggf. umgesetzt. Die Netzneutralität ist die Grundlage der digitalen Daseinsvorsorge.  Die Koalition wird das Prinzip der Netzneutralität zur Förderung der digitalen Vielfalt sichern.
Die Netzpolitik soll zu einem eigenständigen Politikfeld entwickelt und in einem Ressort abgebildet werden. Die Koalition wird die Open-Data-Initiative des Landes fortsetzen und ausbauen. Dazu setzt sie sich für eine Prüfung der weitgehenden Offenlegung von öffentlichen Daten (z. B. Geoinformationsdaten) unter Wahrung des persönlichen Datenschutzes ein. Das Ziel der Koalition ist die Stärkung der Digitalisierung des Landes Berlin. Dazu wird mit privaten Partnern der Ausbau des Glasfasernetzes in Berlin vorangetrieben. Zugleich soll ein freies und gebührenfreies WLAN an zentralen Orten der Stadt starten. Um die Ausweitung von bereits bestehenden oder individuellen WLANs in der Stadt zu ermöglichen, will man sich auf Bundesebene für eine Änderung der Betreiberhaftung einsetzen. Berlin.de als zentrale Plattform des Landes Berlin wird ausgebaut und technisch verbessert. Darüber hinaus unterstützen SPD und CDU die Einrichtung einer Top-Level-Domain „.berlin“. Diese sollte die Belange der Berliner Bürgerinnen und Bürger und Institutionen sowie der Berliner Wirtschaft optimal aufgreifen.
 Franz-Reinhard Habbel – 18.11.2011 – 14.40 Uhr

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