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ENGAGIERT IN DEUTSCHLAND: Dirk Arendt im Facebook-Interview

Image from Master OSM 2011 - https://flic.kr/p/brRHTV
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Er zählt zu den engagiertesten Akteuren der e-Government-Szene in Deutschland. Dirk Arendt, 48 Jahre alt, aus Berlin. Seit Jahr und Tag schreibt er im Netz. Ihm liegt besonders die Modernisierung des Gemeinwesens am Herzen. Er beobachtet intensiv das Netz. Franz-Reinhard Habbel interviewt den Berliner in der gerade gestarteten Facebook-Interview Serie.
Warum sind Sie in sozialen Netzwerken aktiv? Wie viel Zeit investieren Sie?
Es macht einfach Spass – und es bringt jeden Tag auch neue Erkenntnisse. Viele der anstehenden Probleme kann ich doch in der komplexen Welt heute gar nicht mehr allein lösen. Trotzdem ist es toll, in welcher Geschwindigkeit und Breite wir heute Feedback bekommen, wenn wir um Rat fragen. Da hilft mir die Vernetzung sowie der Austausch von Wissen und von Erfahrungen, die Zusammenarbeit über die Ebenen hinweg, das sind Grundprinzipien der heutigen Zeit. 
Wieviel Zeit ich investiere, ist schwierig zu beantworten. Das geht eher so nebenbei, mal mehr, mal weniger – aber ich weiss, es ist gut investierte Zeit!
Sie haben die Gruppe „Medienkompetenz in Sozialen Netzwerken“ gegründet mit mittlerweile über 2.200 Mitgliedern. Was bezwecken Sie mit dieser Gruppe und wir erklären Sie sich den großen Erfolg?
Das ist schon lustig, wenn man die Entstehungsgeschichte dazu kennt: Im Anschluss an einen Elternabend in der Schule, 5. Klasse damals, wollte ich die Eltern nach einer Diskussion mit dieser Gruppe dazu animieren, dieses sich das für viele neue Medium „Facebook“ erst einmal genauer anzuschauen, es auszuprobierDAR Portrait 2015en, damit zu spielen – anstatt es gleich zu „verteufeln“. Und dann kamen immer mehr Anfragen von externen Personen, gab es Gespräche dazu, wurde die Gruppe in Vorträgen als Beispiel genannt. Viele Mitglieder lesen einfach nur, andere stellen Beiträge ein und schreiben ab und an dazu. Und wieder andere diskutieren dazu. Wir sind eine bunte Runde: Da sind Medienpädagogen, Lehrer, einige MdBs, Wissenschaftler, ein Radiomoderator und ganz viele ganz normale Menschen, die sich einfach nur für das Thema interessieren – alles quer durch den Garten. Medienkompetenz ist in unserer digialisierten Welt heute unverzichtbar, sie ist der Grundstock zu verantwortungsvoller Teilhabe an der Gesellschaft. Der souveräne Umgang mit den immer noch sogenannten „neuen“ Medien ist für jeden Einzelnen eine Schlüsselkompetenz geworden, wird aber leider zu viel wenig vermittelt. Vielleicht macht das ein wenig den Erfolg der Gruppe aus: Die Menschen unterschiedlichsten Alters und verschiedenster Qualifikation wissen nicht, wo sie sich zu solch elementaren Fragen informieren können. 
An dieser Stelle ist aber durchaus auch die Politik gefragt: Weil die Digitalisierung so ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens geworden ist und es noch viel mehr werden wird, ist eine Strategie zur Schulung für mehr Medienkompetenz über alle Generationen und Schichten hinweg gefordert. Hier müssen wir stärker auf die Politik zugehen, wachrütteln.
Muss nicht jede Stadt im digitalen Zeitalter soziale Medienkanäle nutzen, um Bürgerinnen und Bürger zu erreichen?
Das ist ganz wichtig und verdient ein ganz klares Ja – wenn sie alle Bürger erreichen will. Schauen Sie doch, wie junge Menschen heute untereinander kommunizieren. Die eMail, für viele Menschen meiner Generation immer noch fast etwas Neues, ist dort schon nicht mehr im Gebrauch, ist out. Die Kids kommunizieren in Echtzeit. Auf diese neuen Nutzertypen müssen sich Städte und Gemeinden einstellen. Die Stadt Kassel geht für eine erfolgreiche Kommunikation mittels Twitter und Facebook mit gutem Beispiel voran. Natürlich kann man wegen des laxen Begriffs vom Schutz der persönlichen Daten keine Verwaltungsverfahren über diese Kanäle anbieten, wird es wohl niemals den Tweet als formlosen Verwaltungsakt geben – aber die Öffentlichkeitsarbeit und das direkte Feedback dazu oder beispielsweise … ein Lob- und Tadelmanagement – warum denn nicht?!
Erfolgreiche Kommunikation funktioniert nur, wenn ich der jeweiligen Zielgruppe auch jeweils gerecht werde: Alle Generationen ansprechen, alle gesellschaftlichen Bereiche einbeziehen – das sollte das Credo nicht nur jeder Marketingabteilung jedes Unternehmens, sondern auch jeder Verwaltung sein. Und in den Online-Marketing Strategien von Unternehmen zeigen sich zahlreiche nachahmenswerte Erfolgsbeispiele.
Gibt es ein Thema, das Sie im Internet und damit auch in Facebook besonders umtreibt?
Sie haben ja schon das Thema Government erwähnt, also die Modernisierung der Prozesse in der öffentlichen Verwaltung. Mich treiben aber generell die Veränderungen unserer Welt um, die mit der Digitalisierung einhergehen. Wir leben in einer wahnsinnig spannenden Zeit und unmittelbar damit verbunden ist auch immer die Frage nach dem Vertrauen in alle digitalen Prozesse. Wie können wir Nutzer uns vor dem Mißbrauch unserer persönlichen Daten, vor Ausspähung und Cyberkriminalität schützen? Oder wäre das nicht Aufgabe des Staates? Viele der jetzt angestossenen Geschäftsmodelle werden zukünftig nur erfolgreich sein, wenn die Frage des Vertrauens in die digitalen Prozesse geklärt ist. Deswegen ist die Medienkompetenz auch als etwas Grundlegendes zu verstehen – man muss wissen, was da passiert. Muss die Situation einschätzen können. Was bedeutet es, wenn wir Daten als neue Währung bezeichnen? Wie kann ich als Bürger eine auf meine speziellen Bedürfnisse angepasste Datensouveränität erzielen? Wir sollten in der Schule schon früh und spielerisch damit anfangen, da geht so vieles unter dem Stichwort „Gamifikation“, was wir aber leider noch zu selten nutzen. Und nicht nach der Schule oder der Ausbildung damit aufhören, sondern als Prinzip eines lebensbegleitenden Lernens auch begleitend für alle Altersstufen und beruflichen Strukturen anbieten.   
Wie wichtig ist es für Sie, Feedback auf Ihre Beiträge zu bekommen?
Kommt darauf an. Konstruktiv ist immer gut. Aber im Ernst: Davon lebt doch die Vernetzung: Die Interaktion sowie die Reaktion auf die Beiträge.  
Wie lautet ihr Lieblingsspruch?
If you think technology can solve your problems, you don’t understand technology and you don’t understand your problems” Dieser Satz von Bruce Schneier zeigt nach meinem Empfinden sehr schön auf, dass es sich bei der Digitalisierung nicht nur um neue Technologien nur Lösung alter Probleme handelt, sondern dass es um weitreichende Veränderungen in allen Bereichen unseres Zusamenlebens geht. Die Digitalisierung bringt so grundlegend strukturelle und gesellschaftliche Veränderungen mit sich, dass wir nicht nur die Lösungen, sondern auch unsere Problemstellungen neu denken müssen.

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