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Digitalisierung – Können wir noch mit der Entwicklung Schritt halten?

(Foto Fotolia)
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Gastbeitrag von Florian Keppeler, Brüssel
Man stelle sich folgendes Szenario vor: Über Nacht bricht eine Bande von analogen Datendieben in den Bundestag ein und stehlen 4167 Aktenordner. Das entspricht ca. 2.500.000 Seiten DIN A4-Papier. Was würde da für ein Aufschrei durch die Bevölkerung gehen?
Wenn allerdings 5 Gigabyte Daten aus dem Bundestag digital abgezapft werden (das ist eine sehr vorsichtige Schätzung – nach Informationen der ZEIT sind mehrere Gigabyte abgeflossen) dann ist das öffentliche Interesse daran verhältnismäßig gering, dabei entspricht es nach gängigen Schätzungen ungefähr derselben Menge an Daten.
Nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa hinkt in Sachen Verständnis und Kompetenzen der Digitalisierung noch deutlich der rasenden Entwicklung hinterher. Das besorgt auch die Europäische Kommission, auch mit Blick auf den Arbeitsmarkt: 90 % aller künftigen Jobs erfordern digitale Kompetenzen.
Florian Keppeler Foto: Keppeler
Florian Keppeler Foto: Keppeler

Digitale Skills sind also ein wesentlicher Meilenstein der digitalen Agenda der Europäischen Kommission. Digitale Bildung für den Nachwuchs in Schulen und Universitäten sind unersetzlich – aber nur 20-30 % der Lehrer fühlen sich nach Kommissionsangaben derzeit dieser Aufgabe gewachsen. Nicht nur die Lehrer, sondern alle Erwachsenen müssen hier in einen lebenslangen Lernprozess einsteigen, um mit der Realität mithalten zu können und um im digitalisierten Berufs- und Privatleben nicht abgehängt zu werden. Von „E-Leadern“ ist in diesem Zusammenhang die Rede.
Die Mär vom „digital immigrant“ bzw. dem „digital native“ hilft uns hierbei nicht weiter. Fakt ist, dass auch der Nachwuchs vielleicht mit digitalen Technologien wie selbstverständlich umgeht, aber nicht dass er auch die eigentlich notwendigen Kompetenzen für einen sorgsamen und bewussten Umgang damit hat – wie groß ist denn der Anteil des Nachwuchses wirklich, der in der Freizeit selbst programmiert oder um die Funktionsweisen dieser Technologien zumindest grundsätzlich Bescheid weiß?
Auch die kommunale Verwaltung kommt an der digitalen Entwicklung nicht vorbei: Die Kommission plant eine massive Digitalisierung aller Verwaltungen der Mitgliedsstaaten – mit Initiativen wie E-Auftragswesen, online Bezahlsysteme (E-Payment), behördenübergreifende, öffentliche Datenbanken (open public data), Interoperabilität unter den EDV-Systemen, End-zu-End digitalisierte Verwaltungsverfahren, europaweite E-Identifikation, E-Justizverfahren, usw.
Dafür benötigen die Kommunen Personal, das mit den digitalen Herausforderungen umzugehen weiß. Hierbei geht es gar nicht zwingend um Informatiker, sondern vielmehr digitale Netzwerkmanager, die wissen, wann Sie wen wofür einsetzen müssen. Hier wird sich nach den Vorstellungen der Kommission viel dank ÖPP-Projekten bewegen, da es schlichtweg gerade für kleinere Behörden nicht möglich sein wird, hier die technische Infrastruktur bereit zu stellen – und dank Cloud-Technologien wohl auch gar nicht mehr nötig.
Fazit: Die digitale Modernisierung kommt nicht nur, sie ist schon da: Kommunen brauchen deswegen schnellstmöglich Personal, dass diesen Aufgaben gewachsen ist, und Fortbildung für die aktiven Kräfte – denn der digitalen Entwicklung werden sie sich weder rechtlich noch tatsächlich verschließen können.

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