Im Z-M-I, dem Zehn-Minuten-Internet Newsletter berichten Franz-Reinhard Habbel und Gerd Landsberg jeden Sonntag über interessante Links (u.a. Zahl der Pflegebedürftigen hat sich seit 2014 verdoppelt) aus dem Internet für Bürgermeister:innen und Kommunalpolitiker:innen.
Pflege: Zahl der Pflegebedürftigen hat sich seit 2014 verdoppelt
Vor zehn Jahren waren knapp 2,7 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig, jetzt sind es 5,6 Millionen. Etwa jeder Zweite nimmt professionelle Hilfe in Anspruch.
Ifo hebt Wachstumsprognose für Deutschland an
Das Ifo-Institut hat seine Konjunkturprognose für die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr kräftig erhöht. Das Bruttoinlandsprodukt könnte demnach um 1,5 Prozent zulegen.
Gewalt gegen Frauen – ein „riesiges Problem“
Fast täglich werden in Deutschland Frauen wegen ihres Geschlechts ermordet – von einem „riesigen Problem“ spricht der Chef der Innenministerkonferenz. Noch fehle aber ein Gesetz, um Gewalttäter mit Fußfesseln auszustatten.
Finanzministerium will Milliarden-Mittel auch für Kommunen
Mehr als die Hälfte der den Ländern versprochenen Milliardenkredite soll nach dem Willen des Bundes den Kommunen zugute kommen. In einem der DPA vorliegenden Gesetzentwurf schlägt das Finanzministerium vor, dass mindestens 60 Prozent direkt in die Instandsetzung der Infrastruktur von Städten und Gemeinden fließen. Den genauen Anteil sollen die Länder demnach selbst festlegen, dabei aber auch die Bedürfnisse finanzschwacher Kommunen besonders berücksichtigen. Der Entwurf befindet sich derzeit noch in der Ressortabstimmung, Änderungen sind noch möglich.
Gutachten über Gutachten – Wenn Entscheidungsvermeidung zur Methode wird
Auf allen staatlichen Ebenen – von der Kommune bis zum Bund – beobachten wir seit Jahren ein Phänomen, das sich schleichend, aber tiefgreifend auf die Handlungsfähigkeit unserer Institutionen auswirkt: die Tendenz, vor nahezu jeder politischen oder verwaltungsrechtlichen Entscheidung ein Gutachten einzuholen. Was als Ausdruck von Sorgfalt erscheint, ist in Wahrheit oft eine Flucht vor Verantwortung.
Besonders deutlich wird diese Entwicklung im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes. Kaum ein Vorhaben – sei es eine neue Straße, ein Gewerbegebiet, eine Windkraftanlage oder ein Wohnbauprojekt – kommt ohne artenschutzrechtliche oder landschaftsplanerische Gutachten aus. Die Forderung nach „weiteren Prüfungen“ ist längst zu einem bewährten Mittel geworden, um Vorhaben zu verzögern, infrage zu stellen oder sogar faktisch zu verhindern – ohne offen Verantwortung zu übernehmen.
Liegt ein genehmigungsfreundliches Gutachten vor, wird dessen Methodik angezweifelt. Es folgen Ergänzungsgutachten, Gegengutachten, Obergutachten. In dieser Endlosschleife geraten Entscheidungs- und Genehmigungsprozesse ins Stocken – nicht selten über viele Jahre. Verantwortung wird zerlegt, Zuständigkeiten verwischt, Planungen werden entwertet.
Dabei ist unbestritten: Der Schutz von Natur und Umwelt ist ein hohes Gut. Und komplexe Vorhaben brauchen fachliche Begleitung. Aber wenn Gutachten nicht mehr der Klärung dienen, sondern als strategisches Mittel der Verhinderung eingesetzt werden, dann geht es nicht mehr um Qualität – sondern um das systematische Aushebeln politischer Entscheidungen.
Hinzu kommt ein weiterer, oft übersehener Punkt: Wer über Bürokratieabbau spricht – und das tun derzeit nahezu alle politischen Akteure –, darf über dieses Gutachten-Unwesen nicht schweigen. Denn der Wunsch nach weniger Verfahren, mehr Tempo und klareren Zuständigkeiten wird Illusion bleiben, solange die Kultur der dauerhaften Absicherung dominiert. Bürokratieabbau wird scheitern, wenn nicht auch der Mut zur Entscheidung gestärkt wird.
Was wir brauchen, ist ein Umdenken. Politik und Verwaltung müssen sich wieder zutrauen, Verantwortung zu übernehmen. Entscheidungen müssen möglich bleiben – auf Grundlage guter Vorbereitung, aber nicht im Streben nach letzter rechtlicher oder fachlicher Unangreifbarkeit. Denn nicht jede Unsicherheit lässt sich wegbegutachten. Und nicht jeder Konflikt lässt sich durch zusätzliche Gutachten entschärfen.
Gutachten sollen Orientierung geben, nicht Entscheidungen ersetzen. Wenn wir diesen Grundsatz wieder zur Richtschnur unseres Handelns machen, gewinnen wir nicht nur Handlungsfähigkeit zurück – sondern auch Glaubwürdigkeit und Vertrauen. (Gerd Landsberg)
Werkstatt der Mutigen – Regionale Lösungen für bundesweite Veränderung
Kommunen werden in der Bundespolitik oft zu wenig gehört, obwohl sie der Ort sind, an dem Bürger:innen funktionierende Politik direkt erleben. Die neue Bundesregierung hat sich vorgenommen, Kommunen stärker in den Fokus zu rücken. Jetzt geht es darum, diese Zusammenarbeit zwischen kommunaler Ebene und Bundespolitik mit Leben zu füllen. In der Werkstatt der Mutigen passiert genau das: Viele Oberbürgermeister:innen, Bürgermeister:innen und zivilgesellschaftliche Gestalter:innen kommen zusammen und arbeiten gemeinsam mit Bundestagsabgeordneten an der Umsetzung parteiübergreifender Lösungen. Direkt zu Beginn der neuen Legislaturperiode setzen wir daher den Fokus auf die Umsetzung: Für viele Punkte im Koalitionsvertrag haben Sie vor Ort schon konkrete Lösungen gefunden. In der Werkstatt der Mutigen kommen all jene zusammen, die tagtäglich Zukunft gestalten und machen Bewährtes vor Ort zum Ausgangspunkt bundespolitischer Strategie.
Die Werkstatt der Mutigen findet am 9.7.2025 von 14.00 Uhr bis 20.00 Uhr in Berlin im Haus der Weltwirtschaft statt. Anmeldung: https://tally.so/r/mKy4Nz
KI-Suche für Gesichter breitet sich ungehindert aus
Fotos im Internet auslesen, um daraus eine Datenbank für Gesichtserkennung zu bauen – das verbietet die KI-Verordnung. Aber Anbieter von Gesichter-Suchmaschinen werben selbstbewusst für ihre Abos. Während Aufsichtsbehörden auf der Stelle treten, schlagen Politiker*innen Alarm.
Erst ab 15 Jahren: EU-Digitalminister fordern eine Altersgrenze für Social Media
Soziale Medien gelten als Risiko für die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Eine neue EU-Initiative will deshalb den Zugang zu Tiktok und Co. für Minderjährige deutlich einschränken.
„Glücksatlas“: In dieser Großstadt sind die Menschen am glücklichsten – Kassel
Je größer die Stadt, desto geringer die Lebenszufriedenheit: Es sind nicht unbedingt die Millionenstädte, deren Bewohner besonders zufrieden sind. Eine Umfrage zeichnet ein teils überraschendes Bild.
Hitze in deutschen Städten
Diese deutschen Städte heizen sich besonders stark auf – Mannheim gefolgt von Ludwigshafen am Rhein, Worms Rüsselsheim am Main und Frankfurt am Main. Ein neues Ranking zeigt, welche deutschen Städte auf Grund von Flächenversiegelung und mangelndem Grün besonders heiß werden. Von 190 Städten bekommen 31 eine rote Karte.
Was bisher geschah – Geschichtspodcast
Wenn wir wissen, was bisher geschah, nehmen wir intensiver wahr, was heute passiert und verstehen, was morgen kommen kann. In Was bisher geschah sprechen Geschichtsjournalist Joachim Telgenbüscher und Historiker Nils Minkmar über die Dramen, Triumphe, Ereignisse und Persönlichkeiten der Geschichte, die unsere Welt geprägt haben und bis heute beschäftigen. Von den politischen Intrigen im römischen Reich, über die Tricks fanatischer Sektenführer in der frühen Neuzeit, bis hin zum Umgang mit Extremisten und den Management-Skills großer Eroberer. Neue Folgen gibt es immer dienstags überall da, wo es Podcasts gibt. Bisher sind 91 Episoden erschienen.
Eichenprozessionsspinner Frühwarnsystem „PHENTHAUproc“
Das Frühwarnsystem des Deutschen Wetterdienstes gibt tagesaktuell in einer räumlichen Auflösung von 1 km x 1 km modellierte Daten der potenziellen phänologischen Entwicklung des Eichenprozessionsspinners (EPS, Thaumetopoea processionea) und des Austriebs seiner Wirtsbaumart Stieleiche (Quercus robur) wieder. Darauf basierend erhalten Sie eine Gefährdungsabschätzung sowie Maßnahmenempfehlungen.
Macht Google künftig ganze Kommunen unsichtbar?
In der digitalen Welt bahnt sich eine weitere Revolution an. Google, das Tor zum Internet für Milliarden Menschen, verändert sich grundlegend. Durch die Einführung von KI-gestützten Antworten in der Google-Suche (SGE) verringert sich die Sichtbarkeit einzelner Webseiten erheblich. Wenn Kommunen ihre Inhalte nicht maschinenlesbar und strukturiert anbieten, besteht das Risiko, dass sie in der KI-generierten Antwort nicht mehr vorkommen. Damit sind Kommunen nicht mehr automatisch auffindbar, selbst wenn sie gute Informationen bereitstellen – sie werden algorithmisch unsichtbar, weil sie nicht KI-kompatibel sind.
Durch die Integration generativer KI werden Suchanfragen künftig nicht mehr mit einer Liste von Webseiten, sondern mit direkten, maschinell erzeugten Texten beantwortet. Die berühmten „blauen Links” – einst das digitale Aushängeschild jeder Website – werden zur Randnotiz.
Was bedeutet es für die Sichtbarkeit von Kommunen, wenn ihre Inhalte künftig nicht mehr prominent in Suchergebnissen auftauchen? Was, wenn Bürger und Bürgerinnen auf die Frage „Wie beantrage ich einen neuen Ausweis?” eine von Google generierte Antwort erhalten, ohne jemals die Seite der Kommune bzw. des örtlichen Bürgeramts zu sehen? Wenn lokale Veranstaltungen, Angebote oder Formulare nicht mehr auffindbar sind, weil die KI auf zentral aggregierte Daten zurückgreift – oder im schlimmsten Fall auf veraltete Inhalte Dritter?
Die Stunde der „KI-Readiness“ hat geschlagen – auch für Rathäuser: Inhalte müssen für KI lesbar, interpretierbar und referenzierbar sein. Kommunen müssen ihre Inhalte maschinenverständlich strukturieren, mit Metadaten anreichern, offene Schnittstellen anbieten und semantisch sauber arbeiten. Kurz: Kommunale Webauftritte müssen „KI-ready“ werden.
Die Realität sieht jedoch anders aus. Bei vielen kommunale Webseiten fehlt es an strukturierten Daten und maschineller Semantik, APIs sind nicht vorhanden. Doch im neuen, KI-getriebenen Internet reicht das nicht mehr. Kommunen verlieren ihre digitale Sichtbarkeit.
Auch Maschinen müssen als Zielgruppe verstanden werden. Digitale Inhalte dürfen nicht nur für Menschen gemacht sein, sondern müssen gleichzeitig für Maschinen lesbar und interpretierbar sein. Dazu gehören unter anderem strukturierte Datenformate, APIs für Verwaltungsleistungen, maschinenlesbare FAQs und Formulare sowie eine offene Lizenzierung für Inhalte, damit KIs diese rechtlich einbinden dürfen.
Diese Anforderungen gelten nicht nur für Webseiten, sondern auch für kommunale Bürger-Apps. Auch deren Inhalte müssen KI-kompatibel bereitgestellt werden, wenn sie ein relevanter Teil der digitalen Zukunft sein wollen.
Die digitale Verantwortung muss neu gedacht werden: Kommunale Öffentlichkeitsarbeit und Digitalisierungsverantwortliche müssen die KI-Transformation als Teil ihrer Kommunikationsstrategie begreifen. In einer Welt, in der KI-Systeme die Torwächter zu Informationen sind, reicht es nicht mehr aus, einfach nur eine gute Website zu haben. Es braucht eine Informationsstrategie für die Post-Link-Ära. Denn sonst passiert das Unvermeidliche: Die Kommune spricht, aber niemand hört mehr hin. (Franz-Reinhard Habbel)
Neues aus den Kommunalen Spitzenverbänden
DST: „Endlich wieder Planungssicherheit im Eisenbahngesetz schaffen“
DStGB: Mindestens 75 Prozent des Infrastruktur-Sondervermögens für die Kommunen sichern
GStBRLP: Bericht des Vorsitzenden Juni 2025
GSTB: Kania: Effiziente Landesförderung kommunaler Klimapolitik
HSGB: Finanzausstattung der hessischen Kommunen bei Landesversammlung im Fokus
HST: Originärer eigener finanzieller Beitrag des Landes zur Kinderbetreuung gefordert
StGBSA: Frühwarnsystem zum Eichenprozessionsspinner jetzt online
Kopf der Woche: Maren Busch (29), Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Diez und stellv. Bundesvorsitzende des Netzwerks Junge Bürgermeister*innen
Buch der Woche: Ginsterbuch von Arno Frank
Nach der Machtergreifung ist in Ginsterburg ein neuer Alltag eingekehrt. Manche Einwohner der kleinen Stadt leiden, andere profitieren – und die meisten versuchen, sich mit der neuen Ordnung zu arrangieren. Allmählich aber öffnet sich unter dem Alltag der Abgrund. Ein feinfühliger und atmosphärischer Roman über Liebe, Familie, Freundschaft – und persönliche Verstrickungen in den Jahren 1935 bis 1945.
Zahl der Woche: 23,9 Jahre alt sind Menschen hierzulande im Schnitt, wenn sie das Elternhaus verlassen (Quelle destatis)
Chatbot der Woche: Stadt Esslingen am Neckar
Tweet der Woche: Zeit Online
Wie kein zweiter Künstler stellt sich Bruce Springsteen gerade gegen Donald Trump. Beim Konzert in Berlin zeigt sich: Der größte lebende Rockmusiker ist deshalb auch der Popstar der Stunde.
Zu guter Letzt: Privileg gestrichen: Karl Lauterbach darf im Ministeriumskeller kein Tischtennis mehr spielen
Bildquelle: Pexels
Gutachten KI-generiert
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Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche.
Ihr Franz-Reinhard Habbel