Im Z-M-I, dem Zehn-Minuten-Internet Newsletter berichten Franz-Reinhard Habbel und Gerd Landsberg jeden Sonntag über interessante Links (u.a. Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder in Mainz) aus dem Internet für Bürgermeister:innen und Kommunalpolitiker:innen.

Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz in Mainz
Vom 23. bis 24. Oktober tagte die Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder (MPK) in Mainz. Unter rheinland-pfälzischem Vorsitz wurden die großen Schwerpunkte Wirtschaft stärken, Sicherheit ausbauen, Staat modernisieren und Kosten gerechter verteilen beraten. Hier finden Sie die Beschlüsse aus der Sitzung.
Vorerst keine Produktionsstopps bei VW
Noch am Mittwoch hieß es, in den Werken von Volkswagen könnte es wegen fehlender Halbleiter-Chips zum Stillstand kommen. Doch nun gibt der Konzern erst mal Entwarnung: Zumindest in der kommenden Woche sei die Produktion gesichert.
Kommunen zahlen immer mehr für Soziales und Verwaltung, Anteil für Infrastruktur sinkt
Städte und Gemeinden in Deutschland geben laut einer Studie immer mehr Geld für Soziales und Verwaltung aus.
„Die Bürger zahlen mit kaputten Straßen und maroden Schulen“
Städte und Gemeinden müssen heute fast 38 Prozent ihrer Budgets für Soziales ausgeben, das sind 13 Prozentpunkte mehr als vor 30 Jahren. Die Finanzmisere vieler Kommunen hat hier ihre wichtigste Ursache, heißt es in einer Studie.
Sozialstaat und Inklusion
Präsidentin des VDK, ehemalige Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen und Weltbehindertensportlerin, ist blind. In einem Gespräch mit Ann-Kathrin Eckardt und Katharina Riehl für den Tagesspiegel sagte sie: „Ich kann gar nicht zählen, wie vielen Taxifahrern ich meine PIN verraten habe“. Im Biathlon gewann sie 12 Goldmedaillen. Sie berichtet von den Problemen, die sie in Schule und Hochschule zu überwinden hatte, und wie es ist, mit einem Begleitläufer zu laufen. Schwierig sei es zurzeit an manchen Baustellen, beispielsweise am Münchner Hauptbahnhof. Inklusion im Alltag sei schwierig: „Versuchen Sie zum Beispiel mal, eine Waschmaschine zu kaufen, die für blinde Menschen bedienbar ist. Oder aus einem Geldautomaten Geld zu bekommen. Oder mit Karte zu bezahlen. Das Verschwinden von Tasten ist für Blinde ein großes Problem.“ Der VDK ist mit 2,3 Millionen Mitgliedern der größte Sozialverband Deutschlands, Verena Bentele bedauert, dass es von Seiten des Bundeskanzlers zwar immer wieder Autogipfel gebe, aber „nur relativ selten Sozialgipfel“. Die Debatte um den Sozialstaat werde auf Bürgergeld und Arbeitslosigkeit reduziert, obwohl dies nur etwa fünf Prozent der gesamten Sozialausgaben ausmache. Es gebe auch weitere Ungleichgewichte: „Der Sanktionsbetrug beim Bürgergeld kostet den Staat ungefähr 57 Millionen Euro. Bei Steuerhinterziehung und Steuervermeidung gehen die Schätzungen von 100 bis 150 Milliarden Euro aus.“ Verena Benteles nächstes persönliches Ziel ist der Berlin-Marathon. (Dieser Text von Norbert Reichel stammt aus der neuen Ausgabe des Demokratischen Salon auf den ich empfehlend hinweisen möchte.)
Echte Konnexität – ein Befreiungsschlag für Deutschland und die kommunalen Finanzen
Die Ministerpräsidentenkonferenz befasst sich derzeit mit einem zentralen Thema für die Zukunftsfähigkeit unseres Staates: der stärkeren Verankerung des Konnexitätsprinzips. Seit Jahren klagen die Kommunen zu Recht, dass der Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“ in der Praxis nicht eingehalten wird. Immer wieder beschließen Bund und Länder neue Gesetze oder Verordnungen, ohne zugleich die ausreichende Finanzierung auf der kommunalen Ebene sicherzustellen. Die Folge: Die Kommunen bleiben auf den Kosten sitzen – und damit letztlich die Bürgerinnen und Bürger vor Ort.
Doch inzwischen stehen auch die Länder selbst vor demselben Problem. Jüngstes Beispiel ist die Reduzierung der Umsatzsteuer für die Gastronomie. Diese Entscheidung des Bundes führt bei den Ländern zu erheblichen Mindereinnahmen – ein Ausgleich durch den Bund wurde bereits vom Finanzminister abgelehnt. Damit zeigt sich einmal mehr: Das Prinzip der Verantwortlichkeit muss neu justiert werden. Wir brauchen eine andere Lösung – und zwar eine mit System.
Ein echtes, verbindliches Konnexitätsprinzip könnte hier zum Befreiungsschlag werden. Ein „Weiter so“ darf es nicht geben. Die kommunalen Haushalte sind am Limit: Im ersten Halbjahr 2025 verzeichneten die Städte, Gemeinden und Kreise bundesweit ein historisch hohes Defizit von über 19 Milliarden Euro. Bis zum Jahresende könnte sich dieses Minus auf 32 Milliarden Euro summieren.
Wenn Bund und Länder weiterhin Aufgaben nach unten delegieren, ohne die Finanzierung sicherzustellen, gefährden sie nicht nur die kommunale Handlungsfähigkeit, sondern auch das Vertrauen in die staatlichen Institutionen insgesamt. Deshalb brauchen wir einen verbindlichen Konsultationsmechanismus für neue Gesetze und Verordnungen, wie er in Österreich längst erfolgreich praktiziert wird. Dort müssen sich Bund, Länder und Gemeinden vor Inkrafttreten eines Gesetzes einigen, wie die Finanzierung geregelt wird. Kommt keine Einigung zustande, trägt die Instanz die Kosten, die das Gesetzgebungsverfahren veranlasst hat.
Eine solche Regelung wäre auch in Deutschland machbar – und überfällig. Die Arbeitsgruppe der Ministerpräsidentenkonferenz soll bis Dezember einen Vorschlag vorlegen. Eine Verankerung im Grundgesetz wäre wünschenswert, ist aber angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag schwer durchzusetzen. Doch es gibt keinen Grund, auf gesetzliche Änderungen zu warten. Bund, Länder und Kommunen können Konnexität auch praktisch leben – durch klare Vereinbarungen, Transparenz und gegenseitige Verpflichtung.
Das würde weder den politischen Gestaltungswillen bremsen noch Reformen verhindern. Im Gegenteil: Es würde die Handlungsfähigkeit des Staates sichern, indem künftig nur das beschlossen wird, was tatsächlich finanzierbar und umsetzbar ist. Das wäre ein echter Schritt zu mehr Verantwortung, Verlässlichkeit und Vertrauen – und ein starkes Signal für die Zukunftsfähigkeit unseres föderalen Staates. (Gerd Landsberg)
Was die Steuerschätzung für Klingbeil bedeutet
Die Steuereinnahmen steigen in den kommenden Jahren etwas stärker als bisher erwartet. Davon hat der Bund praktisch nichts. Für Finanzminister Klingbeil muss das politisch aber kein Nachteil sein.
Der Arbeitskreis Steuerschätzung stellt seine Prognose für die kommenden Jahre vor. Sie ist entscheidend für den Bundeshaushalt – und nicht unumstritten.
Haushalt: So kommt die Steuerschätzung zustande
Der Arbeitskreis Steuerschätzung stellt seine Prognose für die kommenden Jahre vor. Sie ist entscheidend für den Bundeshaushalt – und nicht unumstritten.
„In den NRW-Kommunen kommt wieder zu wenig Geld an“
Die Verteilung des Milliardenpakets für die Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen sorgt für Ärger. Die Vize-Chefin der SPD-Bundestagsfraktion erhebt schwere Vorwürfe gegen den NRW-Ministerpräsidenten. Hendrik Wüst enthalte „klammen Kommunen dringend benötigtes Geld für Investitionen“ vor.
Wie neue Drogen ganze Viertel verändern
Viele Innenstädte sind in Deutschland keine Orte mehr, an denen man sich gerne aufhält. Es gibt eine sichtbare Verelendung. Bundesinnenminister Dobrindt und der Drogenbeauftragte Streeck schlagen Alarm und sehen eine neue, gefährliche Entwicklung für das Stadtbild.
Mit Vollgas ins KI-Zeitalter
Digitalminister Wildberger soll Deutschland fit machen für die Zukunft. Wie er das anstellen will – und was ihn im Südwesten beeindruckt – verrät er im Interview.
Vom Pflaster zum Plattformdenken
Warum Kommunen ihre Mittel aus dem Sondervermögen jetzt in Zukunftsprojekte statt nur in Straßenbeläge lenken sollten.
Wenn der Bund Milliarden aus seinem Sondervermögen bereitstellt, um Deutschlands Infrastruktur zu modernisieren, denken viele zuerst an Straßen, Brücken, Schienen und Schulgebäude. Das ist alles richtig. Beton, Asphalt und Straßenpflaster – das ist greifbar, sichtbar, dringend nötig. Doch wer in der Zukunft ankommen will, darf nicht nur sanieren, sondern muss gestalten. Investitionsmittel dürfen kein reines Reparaturprogramm sein. Sie können der Startschuss für ein neues industrielles Fundament werden – eines, das aus Daten, Ideen und Kooperation gebaut ist. Gerade hier können Kommunen einen entscheidenden Beitrag leisten.
In diesen Tagen regeln die Länder die Verteilung der Mittel aus dem Sondervermögen. Die Bundesregierung hat ihnen freie Hand über die Verwendung ihres 100-Milliarden-Euro-Anteils gelassen. Zwar sind die Länder nicht verpflichtet, Mittel an die Kommunen weiterzugeben, doch alle haben dies zugesagt. Im Schnitt fließen rund 60 Prozent an Städte, Gemeinden und Landkreise. Sachsen etwa stellt seinen Kommunen von insgesamt 4,838 Milliarden Euro rund 2,8 Milliarden zur Verfügung – davon 1,1 Milliarden zweckgebunden für Straßen-, Schul- und Krankenhausbau. Die verbleibenden 1,7 Milliarden Euro bilden ein freies Investitionsbudget.
Doch Zukunft entsteht nicht auf altem Pflaster. Angesichts der notwendigen Neuausrichtung unserer Wirtschaft auf Zukunftstechnologien dürfen wir nicht bei Asphalt und Mauerwerk stehen bleiben. Kommunen besitzen einen oft unterschätzten Hebel für wirtschaftliche Entwicklung. Es geht nicht mehr darum, nur Gewerbeflächen zu erschließen, sondern sie intelligent zu vernetzen – mit Glasfaser, Campus-5G, nachhaltiger Energieversorgung und Cloud- und PlattformInfrastruktur. Es sollten Anreize für CO2-neutrale Produktion gesetzt werden. Überlegt werden sollte auch, wie Innenstädte mit smarten Gewerbeeinheiten (Wohnen und Arbeiten) belebt und zukunftsfähig gemacht werden können. Eine modern geplante Fläche zieht keine Speditionen an, sondern Start-ups, Labore und Tech-Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die sich exportieren lassen: von KI-Software über Biotech bis zur industriellen Sensorik. Sollte es sich bewahrheiten, dass „Kluge Köpfe“ sich verstärkt von den USA abwenden – Donald Trump hat gerade die Visagebühren für hochqualifizierte Forscher und Entwickler auf je 100.000 Dollar hochgeschraubt – und eher Europa zuwenden, könnte eine solche Talentgewinnung Deutschland stärken. Mit interaktiven Standortprofolien, wie sie das ehemalige Startup Famigo anbietet, könnten Kommunen weiche Standortfaktoren, die für Bewerbung bei Unternehmen mit entscheidend sind, für hochkarätige Fachkräfte digital sichtbar machen.
Kommunen können mehr tun, als nur Grundstücke anbieten. Sie können Plattformen schaffen, auf denen Unternehmen, Forschung und Verwaltung zusammenarbeiten: Innovationsquartiere, Reallabore, Datenräume, digitale Marktplätze für lokale Energie- oder Mobilitätslösungen. Solche Plattformen werden zu neuen Wirtschaftsräumen – offen, kooperativ und wertschöpfend. Wer eine alte Industriehalle zu einem kommunalen Innovationszentrum umbaut, investiert nicht in Beton, sondern in Zukunft: in Räume, in denen Neues entsteht. Kommunen können mit Investitionen in Teststrecken, smarte Bauhöfe oder digitale Genehmigungsverfahren gezielt Nachfrage erzeugen.
Das Sondervermögen bietet die einmalige Chance, industrielle Wertschöpfung auf Zukunftstechnologien auszurichten. Es geht nicht um gigantische Rechenzentren, sondern um kluge Anwendungen von KI, eingebettet in maschinelle Industriegüter – also genau jene Stärke, die Deutschland einst weltbekannt machte. Maschinen müssen digital denken lernen.
Die Generation Z wird uns eines Tages fragen: Was habt ihr mit den Milliarden gemacht? Ob wir dann antworten können, dass wir nicht nur Straßen repariert haben, sondern Grundlagen für ein neues industrielles Fundament geschaffen haben, entscheidet sich jetzt – in Rathäusern, Landratsämtern und auf kommunalen Baustellen im ganzen Land.(Franz-Reinhard Habbel)
Neues aus den Kommunalen Spitzenverbänden
DST: Steuerschätzung ohne große Überraschungen – Herbst der Reformen muss Ergebnisse zeigen
DStGB: Steuerschätzung: Kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein
DLT: Für ein konsequentes Wolfsmanagement
GStBRLP: Schneller und einfacher bauen – der Bau-Turbo bietet Chancen, doch die Komplexität bleibt
GtBW: Paket Sofortprogramm 2024 muss kommen – wir reichen dazu die Hand
HSGB: Drei vorbildliche kommunale Projekte mit dem Spar-Euro ausgezeichnet
SHGT: Jetzt folgen: SHGT ist auf Instagram
NWStGB: Licht und Schatten bei der Verteilung des Bundes-Sondervermögens
Kopf der Woche: Jochen Neumann wird neuer Bürgermeister von Luckenwalde
Buch der Woche: GovTech-Startups: Impulse und Praxisbeispiele für die Verwaltung von Franz-Reinhard Habbel, Diane Robers, Christoph Meineke
Dieses Buch zeigt, wie GovTech-Unternehmen als treibende Kraft für die dringend benötigte Modernisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland genutzt werden können. Immer mehr öffentliche Aufgaben erfordern innovative Instrumente, um eine zukunftsfähige Verwaltung zu gewährleisten. Insbesondere in den Bereichen Mobilität, Klima, Bildung, Gesundheit, Energie und Sicherheit stehen Bund, Länder und Kommunen unter enormem Druck. Hierzu sind hochspezialisierte und flexible Dienstleister gefragt, die nachhaltige, effiziente Lösungen sowohl digital als auch analog entwickeln.
Die Beiträge zeigen konkrete Lösungen und Erfolgsansätze auf, wie die Verwaltung mit Hilfe von GovTech-Innovationen den dringend notwendigen Modernisierungsprozess erfolgreich anstoßen kann. Sie beleuchten anhand von Fallbeispielen die Rolle von Startups, die sowohl digitale als auch analoge Lösungen anbieten, und wie diese als zentraler Baustein für die Zukunftsfähigkeit der Verwaltung eingesetzt werden können. Darüber hinaus wird aufgezeigt, wie GovTech-Startups nicht nur technische, sondern auch gesellschaftlich wichtige Aufgaben zur Förderung des Gemeinwesens übernehmen.
Zahl der Woche: 86 % der 2024 importierten Nudeln kamen aus Italien (Quelle destatis)
Chatbot der Woche: Gemeinde Am Ettersberg
Tweet der Woche: Stadt Leipzig
Knapp 300 Betten stellt Leipzig wohnungslosen Menschen im Winter zur Verfügung. Alleinstehende Männer und Frauen können in verschiedenen Einrichtungen untergebracht werden. Dieses „Winterprogramm“ beginnt am 1. November und läuft zunächst bis März 2026.
Zu guter Letzt: Ungewöhnlicher Diebstahl: Hückelhofen – Unbekannte stiehlt kompletten Zigarettenautomaten. Selbst die Polizei staunt
Bilder:
Image by Jana Schneider from Pixabay
File:Piet Mondrian, 1930 – Composition with Red, Blue and Yellow.jpg
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Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche.
Ihr Franz-Reinhard Habbel







